Es war eine kleine Revolution: Mitte des 19. Jahrhunderts ließ Friedrich Wilhelm IV. im Berliner Stadtteil Moabit ein preußisches Mustergefängnis einrichten, in dem die Gefangenen erstmals nicht in gemeinschaftlichen Großunterkünften, sondern in Einzelzellen untergebracht wurden. Die Isolationshaft im „Zellengefängnis Lehrter Straße“ sollte die Straftäter vor dem schlechten – und womöglich „ansteckenden“ – Einfluss anderer Mitgefangener bewahren. Dieses Isolationsprinzip galt es nach damaliger Auffassung konsequent auch beim Freigang zu wahren: Daher wurden auf dem Gefängnisgelände kreisförmige Areale (die sogenannten „Spazierhöfe“) kuchenstückartig in zwanzig Dreiecke unterteilt, die jeweils durch hohe Mauern voneinander getrennt waren. Gerade mal zehn Quadratmeter waren die einzelnen „Freiflächen“ groß, die den Gefangenen nicht viel Bewegungsspielraum ließen, aber immerhin den Blick auf den Himmel – und womöglich ein bisschen Sonne – freigaben. Auch hier galt für die Gefangenen ein Schweigegebot. Die Einsamkeit der Zelle und dann noch die Monotonie des Freigangs in der Tristesse des Dreiecks über Monate und Jahre zu ertragen, brachte so manchen Gefangenen früher oder später an den Rand des Wahnsinns. Und wenn Wut, Zorn und Aggression sich nicht mehr kontrollieren ließen, sprang der eine oder andere wohl auch schon mal in seinem engen, kleinen Dreieck entfesselt umher.

An das einstige Mustergefängnis erinnern heute nur noch wenige Überreste im 2007 eröffneten „Geschichtspark Ehemaliges Zellengefängnis Moabit“. Besser gehalten hat sich die sprachliche Reminiszenz an die einstige Gefängniseinrichtung: Denn „im Dreieck springen“ wir redensartlich auch heute noch, wenn wir uns ganz schrecklich ärgern, zornig sind oder unsere Wut kaum noch zu unterdrücken wissen.

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